Petra

So weit ich es beurteilen kann haben wir bis hierher noch relativ viele landestypische Orte gesehen und vielleicht auch ein wenig Einblick in das gewöhnliche Leben der Menschen in Syrien und Jordanien bekommen. In Petra ist die Tourismusindustrie allerdings schon voll durchgestyled, das muss man ehrlicherweise sagen. Eine so große Ansammlung von Hotels gibt es vermutlich in ganz Jordanien sonst nirgendwo. Vielleicht noch im Stadtkern von Amman. Allerdings verteilt sich das alles in dem großen Tal, so dass es nicht unangenehm wird.

Die Gegend hier im Süden Jordaniens ist für den Massentourismus wieder einfacher zu erreichen. Die Entfernung zum Golf von Aqaba beträgt nur noch etwa 140km. Die Kreuzfahrtschiffe bieten ihren Gästen Tagesausflüge an, und für viele Israelreisende steht Petra auch auf dem Programm, denn nach Eilat ist es nicht mehr weit.
Werner hatte irgendwo gehört dass es hier ein schönes Mövenpick Hotel geben soll. Wir wollen uns den Spaß machen, und versuchen dort einzukehren. Damit auch Werner und Rugard ihren syrischen „Flitzkackenvirus“ mal auskurieren können, möchten wir hier unseren zweiten „day-off“ einschieben. Spätabends stehen wir also vor der Absperrung der Hoteleinfahrt. In Syrien und Jordanien sind solche Stellen oft von bewaffnetem Personal gesichert. Daran haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Hier scheint uns das Aufgebot der Sicherheitskräfte aber besonders hoch zu sein. Auch Polizei ist dort. Die Jordanier verstehen kein Englisch und wir kein arabisch. Werner redet so lange auf die Wachposten ein, bis dass sie ein Einsehen haben. Sie machen die Schranke auf und wir können direkt vor dem Hotel parken. Unser Gepäck wird komplett gescannt. Beim Einchecken merken wir erst, dass niemand außer uns in diesem Hochsicherheitsbereich parken darf. Manchmal kommt eine Limousine, die kurz vorfahren darf, der Gast steigt aus, und das Auto muss sofort wieder diesen Bereich verlassen. Fast wie bei einem Staatsbesuch. Tatsächlich findet am nächsten Morgen ein Treffen von Scheichs und hochrangigen Politikern im Hotel statt. Unsere Motorräder stehen die nächsten 2 Tage vermutlich auf einem der bestgesicherten Plätze in Jordanien, wo sonst fast kein Fahrzeug parken darf, nur 3 dreckige Siegerländer Mopeds. Nachts ziehe ich noch alleine etwas durch den Ort, aber: „Nix mehr los“. Generell werden in Syrien und Jordanien die Bürgersteige relativ früh hochgeklappt. Ich sehe aber noch das erste und einzige richtige Motorrad, was ich in diesen beiden Ländern überhaupt gesehen habe: Eine Polizei-Varadero. Am nächsten Morgen schlafe ich endlich mal aus.
An der Rezeption fragen wir, wo denn der Zugang zur „vergessenen Stadt“ liegt, wo wir hin müssen. Ungläubig sehen uns die Angestellten an. Es sind genau 100m, rechts vom Hotel, cool. Also los…
Es ist leider unmöglich in diesem Reisebericht umfassend über Petra zu informieren. Deshalb schreibe ich nur ein paar Sätze dazu. Aber die verlassene Felsenstadt ist so beeindruckend, dass  Lawrence von Arabien mal dazu geschrieben hat: „Petra ist der herrlichste Ort der Welt“. (Wikipedialink)

Das Volk der Nabatäer war eine Hochkultur die ihre Blütezeit etwa 200 Jahre v. Chr. hatte. Die Nabatäer waren ihrer Zeit technisch und handwerklich offensichtlich sehr weit voraus. Denn die Stadt hatte schon eine sehr ausgeklügelte Wasserversorgung, sogar schon getrennte Leitungen für Trinkwasser und Brauchwasser. Dadurch war es möglich in dem felsigen Tal Landwirtschaft und Viehzucht zu betreiben, was sie weitgehend autark machte. Petra lag an einer wichtigen Handelsroute und die Nabatäer profitierten von der exponierten Lage als Warenumschlagplatz. Vermutlich ein starkes Erdbeben zwischen 300 und 600 n.Chr. bedeutete, unter Anderem, das Ende der Stadt. Das eigentlich Interessante ist aber die Lage Petras. Der Zugang zur Stadt führt durch eine sehr schmale Schlucht. Der Eingang zur Schlucht war früher so schwer zu finden, dass Petra jahrhundertelang vergessen war, und erst 1812 von einem Schweizer wiederentdeckt wurde. Die etwa 1,5km lange Schlucht schlängelt sich bergab immer tiefer in den Berg. Bis zu 200m hoch türmen sich die bunten Felswände rechts und links des schmalen Pfades. Am Ende der Schlucht steht man dann staunend vor dem wohl bekanntesten Monument: Dem Schatzhaus des Pharaos, auch bekannt aus einem Indiana Jones Film. Eigentlich ist es eine Grabstätte, die aus dem massiven Felsen, etwa 40m hoch  herausgehauen wurde. Dadurch dass die Schlucht an dieser Stelle noch relativ schmal ist, und die Witterung abgehalten hat, ist es erstaunlich gut erhalten. Beeindruckend ist, wie genau die Steinmetze früher gearbeitet haben. Die Flächen sind extrem glatt und gerade. Die Verzierungen sehen fast so aus, als wären sie maschinell hergestellt worden.
100m weiter öffnet sich die Schlucht zu einem breiten Talkessel. Säulengänge, Amphitheater, ein großer Marktplatz, Straßen, und in die Felsen gehauene Grabstätten mit imposanten Fassaden. Hier sind die Gebäude zwangsläufig stärker verfallen, weil sie Wind und Regen ausgesetzt waren. Vieles ist aber noch erstaunlich gut erhalten. Das Innere der Höhlengräber erinnert uns stark an das, was wir vor einer Woche in Kappadokien gesehen haben.

Wir nehmen uns den ganzen Tag Zeit um uns die Stadt in Ruhe anzusehen. Es ist der erste Tag an dem wir kein Motorrad fahren. Den Abend lassen wir relaxed auf der Dachterrasse des Hotels ausklingen. Hier im Hotel gibt es auch wieder die Möglichkeit nach Deutschland zu telefonieren. Als ich mich spätabends mal zuhause melde, beschleicht mich ein (ganz leichtes) schlechtes Gewissen. Denn die Daheimgebliebenen haben von unserer Situation ungefähr folgende Vorstellung: „Zelten, unter widrigsten Umständen in der jordanischen Wüste.“ Das wir hier aber jetzt im besten Hotel am Platz residieren bedarf schon einiger Erklärungen. Jedenfalls haben Rugard und Werner hier ihren syrischen Flitzkackenvirus weitgehend auskuriert.

weiter...